Die Arbeit und die Einsatzzahlen der Feuerwehren bzw. des Katastrophenschutzes werden immer mehr von Wetterextremen bestimmt, die sich aus dem stetig fortschreitenden Klimawandel in einer immer schnelleren Folge ergeben und das Leben, die Gesundheit und die Lebensgrundlage unserer Bevölkerung bedrohen. Alleine in den letzten drei Monaten kam es zu einer dramatischen Hochwassersituation im Juni/Juli 2024 in Süddeutschland, bei der auch wir, die Feuerwehren aus dem Landkreis Aschaffenburg, im Landkreis Aichach-Friedberg mit einem Hilfeleistungskontingent Pumpen im Einsatz waren, gefolgt von einem großer Waldbrand im Harz und nun im September die dramatische Hochwassersituation in Teilen von Deutschland und in unseren Nachbarländern Österreich, Tschechien und Polen.

Der Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes attestiert zur aktuellen Hochwasserlage  zutreffender Weise, dass der Katastrophenschutz aus den zurückliegenden Katastrophen gelernt hat. Deutschland ist besser auf die derzeit drohenden Hochwasser in Bayern, Sachsen und Brandenburg vorbereitet. Er weist darauf hin, dass die überall in der Fläche vorhandenen Feuerwehren das Rückgrat des Katastrophenschutzes bilden. Es hilft dabei das unglaublich dichte Netz an Feuerwehren, die auch bei Katastrophen meist die ersten Einsatzkräfte Vorort sind und helfen. Alleine in Bayern gibt es rund 7.500 Freiwillige Feuerwehren, sieben Berufsfeuerwehren und rund 200 Werk- und Betriebsfeuerwehren mit rund 330.000 aktiven Feuerwehrleuten.  

 
Neben den zunehmenden Naturkatastrophen mit Todesopfern und mit Schäden in Milliardenhöhe muss der Katastrophenschutz als Teil des Bevölkerungsschutzes aber auch die geänderte allgemeine Sicherheitslage in Europa bei seinen zukünftigen Anforderungen berücksichtigen. Der Zivilschutz des Bundes wurde in den letzten Jahrzehnten, insbesondere nach der Wiedervereinigung, als ein Bestandteil unseres Bevölkerungsschutzsystems, genauso wie die Bundeswehr leider vernachlässigt.        

Die Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb) warnt Bund und Länder schon länger davor, sich angesichts der steigenden Bedrohungen mit seinem Katastrophen- bzw. Bevölkerungsschutz in Sicherheit zu sehen.


In einem Positionspapier formulierte sie, für uns nachvollziehbar, sieben Forderungen für eine Verbesserung des Katastrophenschutzes.

Im Positionspapier wird darin eine Anpassung von Ausbildung und Ausrüstung der Einsatzkräfte sowie die Schaffung funktionsfähiger Führungsstrukturen gefordert. Zugleich ruft die vfdb dazu auf, die Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung zu stärken und aus Erfahrungen vergangener Ereignisse noch mehr für die Zukunft zu lernen. „Erinnern möchte ich nicht zuletzt an die Katastrophe im Ahrtal“, sagt Dirk Aschenbrenner, Präsident der vfdb und Leiter der Feuerwehr in Dortmund. „Das Ereignis hat auf schreckliche Art bewiesen und vielfach dokumentiert, wo bei uns die Lücken sind. Aber passiert ist seitdem dennoch viel zu wenig.“ In Deutschland fehle es nicht an Erkenntnissen, was alles getan werden kann und muss. „Vielmehr haben wir das Problem, diese Erkenntnisse umzusetzen.“ Der vfdb-Präsident wies darauf hin, mit den sieben Forderungen keinesfalls die herausragenden Leistungen der größtenteils ehrenamtlichen Einsatzkräfte schmälern zu wollen, sondern bessere Voraussetzungen für ihre Arbeit zu schaffen.

Hier sind die sieben Punkte des vfdb-Positionspapiers:

1. Die Ausbildung für die Einsatzkräfte der Gefahrenabwehr muss den Lagen und Risiken angepasst werden.

Nach wie vor gibt es in Deutschland keine einheitlichen Ausbildungsunterlagen für dynamische Flutlagen oder die Vegetationsbrandbekämpfung. Es gibt keine Schulen oder Trainingsmöglichkeiten für die sichere Ausbildung und das Training dynamischer wetterbedingter Schadenslagen sowie keine praktischen Ausbildungsstätten für das gemeinsame praktische Training der verbundenen Einsatzmittel aller im Einsatz beteiligten Organisationen.

2. Die Ausrüstung muss verbessert werden.

Viele Einsatzkräfte verfügen nach wie vor nicht über die richtige, oder auch nur ausreichende persönliche oder spezielle Schutzausrüstung. Viele Einsatzfahrzeuge sind nicht für den Einsatz in Schadenslagen mit oft zerstörter Infrastruktur geeignet. Sichere Kommunikationsmittel, vom Sprechfunk bis zum Datenaustausch, gehören zwingend mit dazu. Kommunen müssen sich im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für die lokalen Gefahren jenseits der Standardszenarien wie Wohnungsbrand oder Verkehrsunfall besser vorbereiten. Ebenso müssen sich die dafür zuständigen Bundesländer im Katastrophenschutz besser aufstellen, diesen dafür besser ausrüsten sowie auch besser ausbilden. Aus den Erfahrungen der europäischen Strukturen zu lernen ist dabei sinnvoll.

3. Führungsstrukturen sind weiterzuentwickeln und aktuellen Anforderungen anzupassen.

In allen Bereichen muss es funktionsfähige Führungsstrukturen und -mittel geben. Das beginnt bei der Ausstattung von Einsatzzügen mit geeigneten Führungsfahrzeugen. Es geht weiter über die Vorhaltung personell und materiell über längere Zeit funktionsfähiger mobiler und stationärer Führungsstellen bis hin zu Stäben und den Führungseinrichtungen der jeweiligen Landesregierungen. Der Informationsaustausch über alle Ebenen muss jederzeit und adäquat erfolgen. Das bedeutet kompatible Datenübertragungsstrukturen ebenso wie Lagedarstellungsmöglichkeiten und redundante Kommunikationsmittel. Dynamische Großlagen sind in Deutschland in aller Regel wetterbedingt. Das bedeutet, das Führungsgremien in der Lage sein müssen, um aktuelle Lagebilder und Prognosen in Realzeit erstellen und kommunizieren können.

4. Naturschutz muss gegenüber Gefährdungen für Menschen, Tiere und Sachwerte abgewogen werden.

Zu oft wird der Naturschutz nur unter einem Aspekt betrachtet. Notwendig jedoch ist es, für die bestehenden und kommenden Herausforderungen in der Gefahrenabwehr mehr praktische und pragmatische Lösungen zu finden, die auch eine Abwägung von einzelnen Maßnahmen des Naturschutzes gegenüber den dadurch hervorgerufenen oder auch nur verstärkten Risiken für Menschen, Tiere und Sachwerte beinhalten.

5. Selbstschutz und Selbsthilfe stärken.

Einsatzkräfte können in großen Einsatzlagen nicht alle Menschen und Objekte zur gleichen Zeit schützen. Daher gilt es, immer nach Risiken zu priorisieren und Einsätze nacheinander abzuarbeiten. Das heißt jedoch auch, dass es allen Betroffenen hilft, wenn sich die Bevölkerung möglichst selbstständig zu helfen weiß und so die Ressourcen für die wirklich wichtigen Einsätze frei bleiben. Die Bevölkerung muss wieder mehr dazu gebracht werden, selbst mit dafür zu sorgen, Gefahren zu vermeiden oder das eigene Risiko zu verringern. Hierzu gehören unter anderem das Verständnis für Warnungen, das Wissen um Alarmierungs- und Entwarnungsarten sowie eine Akzeptanz von Verboten in gefährdeten Gebieten. Die Gesellschaft sollte insgesamt befähigt werden, schnell, angemessen und zielorientiert zu handeln - ohne sich dabei selbst in Gefahr zu bringen.

6. Prävention verbessern.

Um die Risiken für sich und andere zu begrenzen, müssen offensichtliche Gefahren reduziert werden. Dazu gehört z.B., verstopfte Ein- und Durchflüsse zu säubern und freizuhalten; das Verbot von Feuer etc. in der Vegetation zu beachten, Entstehungsbrände zu melden und, wenn gefahrlos möglich, Brände zu löschen oder klein zu halten. Entsprechende Kenntnisse müssen in den Schulen, Unternehmen und Einrichtungen vermittelt werden.

7. "Aus Fehlern lernen" - Fähigkeitslücken schließen.

In Deutschland ist die systematische Auswertung von Schadenslagen immer noch nicht ausreichend etabliert. Aus den Erfahrungen der vergangenen Lagen zu lernen, muss in allen Bereichen der Gefahrenabwehr stärker beachtet werden. Fähigkeitslücken müssen systematisch identifiziert werden. Zugleich müssen durch Forschung und Entwicklung Lösungen zur Beseitigung zeitnah geschaffen werden. Besondere Aufmerksamkeit ist dabei auf den schnellen Transfer guter Lösungen in die tägliche Einsatzpraxis zu legen.

PM vom 17.09.24 der vfdb: PM-vfdb-17092024.pdf

Katastrophe kann kommen 2

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