Ein Vorbild geht nun in den wohlverdienten Ruhestand
Nach über 50 Jahren hat Dietmar Reichert (65) aus Kahl den aktiven Feuerwehrdienst beendet.
»Wenn der Piepser ging, wurde alles stehen und liegen gelassen. Oft mussten Frau und Familie zurückstecken.« Das sagt Dietmar Reichert. Im September beendete der 65-Jährige nach über 50 Jahren seinen aktiven Feuerwehrdienst.
Über den Schulfeuerwehrdienst, den es so heutzutage gar nicht mehr gibt, kam Dietmar Reichert auf den Geschmack des Feuerwehrdienstes. »Damals hatten wir in der Schule die Aufgabe, bei einem Feueralarm gemeinsam mit den Lehrern die Räumung und Erstmaßnahmen bis zum Eintreffen der Feuerwehr durchzuführen.« Mit Vollendung des 14. Lebensjahres war es für Dietmar Reichert keine Frage, in die Kahler Jugendfeuerwehr einzutreten und erste Erfahrungen zu sammeln. Vier Jahre später ging es mit 18 in die aktive Mannschaft.
Zahlreiche Lehrgänge
Es folgten unzählige Lehrgänge, vom Atemschutzgeräteträger über den Maschinisten bis hin zum Verbandsführer. Auch zahlreiche Sonderausbildungen absolvierte der heutige Feuerwehrrentner. So unter anderem Strahlenschutz, Sachverständigenlehrgänge, Hubschrauberaußenlastbehälter, vorbeugender Brandschutz oder Ausbilderlehrgänge.
»Dietmar Reichert widmete 50 Jahre seines Lebens dem Dienst der Gemeinschaft für die Sicherheit in Kahl am Main«, schrieb die Kahler Feuerwehr zum Abschied auf ihrer Homepage.
Von 1984 bis 1996 stand er als Kommandant an der Spitze der Wehr, bevor er das Amt in jüngere Hände übergab. Trotzdem übernahm er als Gruppen- und Zugführer bis zu seinem Ausscheiden Führungsverantwortung.
Zusätzlich war er im gesamten Landkreis Aschaffenburg lange Jahre als Kreisbrandmeister und Schiedsrichter in der Kreisbrandinspektion über die Grenzen Kahls hinaus aktiv und bekannt. Als Kreisbrandmeister betreute Reichert zahlreiche Feuerwehren und fuhr auch überörtliche Einsätze.
An viele Einsätze kann sich der Kommandant und Kreisbrandmeister heute noch erinnern. Unter anderem der Vollbrand einer Spedition in Kahl, der Brand der Kahler Hauptschule oder der Großbrand bei BMZ in Karlstein. Zu etlichen schweren Verkehrsunfällen auf der A45 oder der A3 rückte Dietmar Reichert in all den Jahren aus.
»Ohne den Rückhalt meiner Frau und der Familie wäre vieles nicht gegangen«, sagt der 65-Jährige. Zahlreiche Familientermine seien in diesen vielen Jahren geplatzt, nachdem plötzliche Feuerwehreinsätze dazwischenkamen. »Meine Frau Christine hielt mir dann den Rücken frei, kümmerte sich um Kinder oder Termine. Auch wenn beispielsweise Kaffee für die Einsatzkräfte gekocht werden musste, war sie oft dabei.«
Auch seinem Arbeitgeber, der Firma Calpam in Alzenau, dankt der gelernte Kfz-Meister für die Akzeptanz der ehrenamtlichen Tätigkeit. Es sei heute keine Selbstverständlichkeit mehr, dass Feuerwehrleute in den Firmen für die Einsätze freigestellt werden.
In den fünf Jahrzehnten hätten sich die gesamte Technik, Fahrzeuge und Ausrüstung massiv verändert, aber auch die Anforderungen an die Einsatzkräfte. Nachdem einst die ureigenste Aufgabe der Wehren, die Brandbekämpfung, das Einsatzgeschehen bestimmten, so dominierten heute die Einsätze zur technischen Hilfeleistung. Diese würden durch den technischen Fortschritt auch immer komplexer.
Bei Ausbildung unterstützen
Der Feuerwehrruhestand Reicherts wird vermutlich noch kein endgültiger Ruhestand werden, denn weiterhin will er sich im Feuerwehrverein engagieren und bei Ausbildungsveranstaltungen unterstützen. Zudem übt er weitere Ehrenämter aus, unter anderem bei den Feldgeschworenen oder im Kahler Gemeinderat.
Kreisbrandrat Frank Wissel hat nur lobende Worte über den einstigen Kreisbrandmeister, der bis zum letzten Tag seiner Feuerwehrtätigkeit, zuletzt kurz vor der Verabschiedung bei einem Großbrand in Kleinostheim, zuverlässig zur Stelle war. »Dietmar Reichert war für mich ein Mentor, welcher mir in meiner Anfangszeit in der Inspektion viele Tipps gegeben hat«, sagt der heutige Kreisbrandrat. »Er war ein Feuerwehrmann mit Leib und Seele, wie ich sonst kaum welche kenne«, so Wissel, der Reichert als »sehr guten Menschen und Feuerwehrkameraden« bezeichnet.
Bericht im Main -Echo und Bild von RALF HETTLER