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112 Newsletter vom 20. April 2020

Liebe Leserinnen und Leser,

Stand heute, Montag, 10:00 Uhr, haben wir in Bayern 38.232 bestätigte Corona-Infektionen zu verzeichnen (+ 446 im Vergleich zum Vortag, + 1,2 Prozent). Im Mittel der letzten sieben Tage ergibt sich eine tägliche Steigerung von 2,1 Prozent.

An einer Corona-Infektion sind weitere 28 Patienten (+ 2,2 Prozent) verstorben (gestern + 45), sodass sich in Bayern nun die Gesamtzahl auf 1.299 Todesfälle beläuft.

Die sog. „Sieben-Tage-Inzidenz“, das ist die Zahl der innerhalb von sieben Tagen registrierten Neuinfektionen, bezogen auf 100.000 Einwohner, mithin eine statistische Größe, die über alle unterschiedlich großen Landkreise und kreisfreien Städte hinweg eine gewisse Vergleichbarkeit herstellt, liegt heute bei 34 Fällen. Den Höchststand mit 79,14 hatten wir am 3. und 4. April zu verzeichnen.

Insgesamt bestätigen diese Zahlen den positiven Trend der letzten Woche. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass wir wegen einer Inkubationszeit von zehn bis 14 Tagen in der aktuellen Statistik das Infektionsgeschehen von vor den Osterferien abgebildet sehen.

Unser Ministerpräsident Dr. Markus Söder hat heute im Bayerischen Landtag eine Regierungserklärung zur aktuellen Situation unseres Landes in der Corona-Krise abgegeben. Diese zweite Regierungserklärung binnen vier Wochen zu diesem Thema zeigt dessen herausragende Bedeutung für die gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Situation in Bayern, Deutschland und Europa und war als eine erste Zwischenbilanz über die bisher ergriffenen Maßnahmen angelegt.

Eingangs stellte der Ministerpräsident kurz die zahlreich getroffenen Maßnahmen, deren Wirkungen und die damit verbundenen tiefen Einschnitte in das gesellschaftliche, soziale und wirtschaftliche Leben in Bayern dar. Dieser heftige Tritt auf die Bremse, der den Menschen sehr viel abverlangt, hat epidemiologisch gesehen die gewünschte Wirkung gezeigt und Erfolge gezeitigt. So ist im Vergleich zu vor vier Wochen die Zahl der Neuinfektionen drastisch zurückgegangen. Gab es damals noch kaum Genesene zu vermelden, übersteigt deren Zahl aktuell die der neu Infizierten stabil und deutlich. Lag vor vier Wochen die Reproduktionszahl R, die angibt, wie viele weitere Personen ein Infizierter statistisch ansteckt, ehe er selbst gesundet oder verstirbt, bei 1,6, verzeichnen wir aktuell einen Wert von 0,6.

Beeindruckt zeigte sich der Ministerpräsident von der Relevanz der wissenschaftlichen Empfehlungen und Prognosen, wann bestimmte Einschränkungen Wirkung zeigen würden. So habe man, wie prognostiziert, nach 14 Tagen ebenso die Effektivität der Schul- und KiTa-Schließungen an den Zahlen ablesen können, wie nach der gleichen Frist die infektionsbezogenen Folgen der Versammlungs- und Veranstaltungsverbote, Betriebsuntersagungen und Ausgangsbeschränkungen.

Ausdrücklich teile ich die Auffassung des Ministerpräsidenten, dass wir uns von den bisher erreichten Erfolgen nicht blenden lassen dürfen. Die Pandemie ist nicht vorbei, an ein „normales“ Leben im herkömmlichen Sinne ist erst zu denken, wenn ein Impfstoff flächendeckend verfügbar ist und dem Großteil der Bevölkerung verabreicht sein wird. Das wird womöglich erst im Herbst nächsten Jahres der Fall sein. Bis dahin steht uns eine schwierige Gratwanderung bevor, bei der es gilt, nicht die Balance zu verlieren. Deshalb folgt Bayern auch nicht unbesehen den gerade von der Wirtschaft, aber auch vielen gesellschaftlich relevanten Gruppen immer lautstärker vorgetragenen Forderungen nach schnelleren Lockerungen, sondern bleibt geduldig. Weitergehende Lockerungen kommen erst dann, wenn die relevanten Messgrößen dies geraten erscheinen lassen. Wer dagegen Ungeduld zeige und ungestüm vorpresche, der riskiert zahlreiche Menschenleben und einen umso schmerzlicheren Rückfall – oder eben einen Absturz bei der Wanderung auf schmalem Grat.

Dass Bayern an manchen Stellen weniger schnell voranschreite als andere Länder liege an der spezifischen Situation Bayerns, das – neben Baden-Württemberg – wegen seiner Nähe zu den pandemiebeschleunigenden Skigebieten in Italien und Österreich besonders stark betroffen sei, so der Ministerpräsident heute im Landtag.

Die daraus erwachsende spezifische Verantwortung für Bayern kann uns niemand abnehmen. Deshalb muss die Staatsregierung in einzelnen Punkten anders agieren als etwa nord- oder westdeutsche Länder. Die betrifft z.B. später liegende Zeitpunkte, zu denen einzelne auf Bundesebene inhaltlich-materiell vereinbarte Maßnahmen in Bayern umgesetzt werden. Und dies betrifft einzelne Maßnahmen, die zwischen dem Bund und den Ländern in weniger einschneidender Form vereinbart wurden.

Ich spreche hier insbesondere vom Erfordernis, in bestimmten öffentlichen Bereichen einen einfachen Mund- und Nasenschutz („Gesichtsmaske“ oder „Community-Maske“) zu tragen. Aktuell ist dieser lediglich dringend erwünscht. Das wird sich in Bayern ändern. Ab nächster Woche wird das Tragen von Gesichtsmasken im öffentlichen Personennahverkehr und beim Einkauf in allen geöffneten Läden – also auch in den Lebensmittelgeschäften und Sortimentern des täglichen Bedarfs, die zu keinem Zeitpunkt geschlossen hatten – obligatorisch sein. Die hierfür erforderliche Rechtsverordnung wird das Gesundheitsministerium im Laufe dieser Woche erlassen.

Ich will es an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich sagen: In der aktuellen öffentlichen Debatte kommt mir der der zwingend erforderliche Gleichklang aus Lockerungen sowie flankierenden Hygienemaßnahmen viel zu kurz. In weiten Teilen wird allein über die aktuellen Lockerungen diskutiert und bereits über weitere Schritte und mögliche Zeitpunkte spekuliert. Dass derlei aber nur möglich sein wird, wenn es die Gesamtlage zulässt und die Hygienemaßnahmen penibel eingehalten werden, wird weitgehend ausgeblendet. Dies aber halte ich für ausgesprochen ungünstig, weil aus dieser argumentativen Schiefstellung in Bevölkerung und Wirtschaft über die weiteren möglichen Schritte eine unrealistische Erwartungshaltung entstehen könnte.  

Gerade in meiner Funktion als Verfassungsminister achte ich sehr darauf, dass die zweifellos tiefen Grundrechtseingriffe, die mit dem aktuellen Pandemieregime einhergehen, so maßvoll wie möglich gehalten werden. Deshalb bin ich der Landtagspräsidentin Ilse Aigner sehr dankbar, dass sie in ihren einleitenden Worten zur heutigen Landtagsdebatte die kontrollierende Rolle des Parlaments und die Notwendigkeit des von mir gerade angemahnten Gleichklangs herausgestellt hat. Landtagspräsidentin Aigner hat hierfür folgende Richtschnur gezogen: „Grundrechtsbeschränkungen so schnell wie möglich und so behutsam wie zwingend erforderlich zurücknehmen!“

Der Ministerpräsident hat in seiner Regierungserklärung die notwendige verfassungsrechtliche Balance allen staatlichen Handelns plakativ wie folgt zusammengefasst: „So viel Freiheit wie möglich, so viel Sicherheit wie nötig!“ Des Weiteren hat er ausdrücklich bekräftigt, dass die Grundrechte auch in besonders schweren Zeiten gelten und besonders zu wahren und zu schützen sind. Diesem ehernen Grundsatz unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung ist die Staatsregierung in absoluter Weise verpflichtet, was der Ministerpräsident an zwei Beispielen besonders herausgearbeitet hat – der Religionsfreiheit und der Versammlungsfreiheit.

Bezüglich der Religionsfreiheit ist aktuell die Durchführung öffentlicher Gottesdienste das zentrale Thema. Hierzu hat der Ministerpräsident eine ab dem 3. Mai in Betracht kommende Lockerung des bisher geltenden absoluten Verbotes in Aussicht gestellt. Zwingende Voraussetzung sei hierfür aber eine entsprechend aufgelockerte Platzierung der Gläubigen und ein überzeugendes Hygienekonzept.

Die erforderlichen Rahmenbedingungen und Hygienekonzepte werden nun nicht nur mit den großen christlichen Kirchen, sondern auch mit den Verbänden des jüdischen und des muslimischen Lebens in Bayern abgestimmt. Denn die dann maßgeblichen Regelungen sollen und müssen für alle Religionen und Glaubensgemeinschaften gleichermaßen gelten.

Der Versammlungsfreiheit kommt ein besonderes verfassungsrechtliches Gewicht zu, bietet sie doch den Bürgerinnen und Bürgern eine sehr direkte Möglichkeit, den Regierenden die Meinung zu sagen. Allerdings liegt es in der Natur von Versammlungen und Aufzügen unter freiem Himmel, dass sich eine Vielzahl von Menschen zusammenfindet, um ihre Meinung kraftvoll kundzutun.

Angesichts dessen, dass es uns gelungen ist, die Pandemie in vertretbare Bahnen zu lenken, halte ich es für richtig, über Konzepte nachzudenken, wie in nächster Zeit Versammlungen ganz praktisch durchgeführt werden können, ohne dass für die Teilnehmer ein unvertretbares Ansteckungsrisiko entsteht. Deshalb bin ich dem Ministerpräsidenten dankbar, dass er mir den Auftrag erteilt hat, noch in dieser Woche gemeinsam mit der „Monitoring Group“ ein gleichermaßen versammlungs- und infektionsschutzrechtlich tragfähiges Konzept zur Lockerung des Versammlungsverbotes zu erarbeiten. Die „Monitoring Group“ ist ein dreiköpfiges Gremium, das die Staatsregierung speziell zu ethischen und rechtlichen Fragen der aktuellen Lage berät. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit der Vorsitzenden des Bayerischen Ethikrates, Frau Regionalbischöfin a.D. Breit-Kessler sowie den ehemaligen Oberlandesgerichtspräsidenten Clemens Lückemann und Dr. Christoph Strötz und ich bin mir sicher, dass wir schon Ende der Woche ein überzeugendes Konzeptpapier vorlegen können.

Der weitgehende Shutdown belastet nicht nur die heimische Wirtschaft enorm, sondern auch den organisierten Sport und die Kommunen. Den Sportvereinen und Fachverbänden fehlen – bei weiterlaufenden Kosten für Sportanlagen und Übungsleiter – insbesondere die Einnahmen aus Ticketverkäufen. Den Kommunen drohen herbe Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer sowie mögliche Rückforderungen zu Vorauszahlungen, die steuerpflichtigen Unternehmen bereits geleistet haben.

Deshalb bin ich sehr dankbar, dass der Ministerpräsident für beide Bereiche finanzielle Hilfen angekündigt hat, die bereits morgen vom Ministerrat beschlossen werden sollen. Für den organisierten Sport, zu dem auch die Schützen und der Behindertensport zählen, soll einmalig die Vereinspauschale verdoppelt werden. Das bringt zusätzlich ca. 20 Millionen Euro in die Kassen der Vereine und wird deren finanzielle Situation wesentlich stabilisieren.

Für die Kommunen sollen die Auszahlungen aus dem kommunalen Finanzausgleich 2020, der trotz der aktuellen Entwicklungen auf dem bereits beschlossenen Rekordniveau von über 10 Mrd. Euro gehalten wird, zeitlich vorgezogen werden. In Summe werden für rund 2 Mrd. Euro die üblichen Auszahlungszeitpunkte vorverlegt. Des Weiteren wurden zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit der Kommunen bereits mit Ministeriumsschreiben vom 07.04.2020 entsprechende haushaltsrechtliche Maßnahmen getroffen.

Insbesondere betrifft dies eine Lockerung der Regelungen für Kassenkredite (Überschreitung der Höchstbeträge, beschleunigte Behandlung durch Rechtsaufsicht), die mögliche Stundung von Kreis- und Bezirksumlage und weitere Maßnahmen zur Sicherung der Haushaltswirtschaft. Und auch für in der Krise besonders belastete Krankenhäuser, die einen ganz wesentlichen Teil der Lasten bei der Bewältigung der Pandemie tragen, soll es einen finanziellen Nachschlag geben.

Mit besten Grüßen Ihr Joachim Herrmann, MdL Staatsminister