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112 Newsletter vom 26. November 2020

Liebe Leserinnen und Leser,

auch an den Anfang des heutigen Wochennewsletters möchte ich eine Betrachtung der statistischen Zahlen und Daten zur aktuellen Corona-Lage in Bayern stellen. Die Lage ist weiterhin sehr ernst. Heute, Donnerstag, 26.11.2020, 08:00 Uhr, verzeichnen wir 194.339 bestätigte COVID-19-Infektionen (Vorwoche 169.096). Das sind im Vergleich zum letzten Donnerstag 25.243 mehr (nach 24.022, 25.177, 20.425, 15.074, 8.702, 4.561, 2.601 und 2.292 die acht Wochen davor). Dies bedeutet für die zurückliegenden Tage einen rechnerischen Schnitt von ca. 3.606 Neuinfektionen. Für die 12 vorangegangenen Wochen lagen die Vergleichswerte bei 3.432, 3.597, 2.918, 2.153, 1.243, 652, 372, 327, 375, 376, 392 bzw. 273.

Die neuerliche Fortsetzung der Zahlenreihe zeigt an, dass das mit Beginn der „zweiten Welle“ einsetzende exponentielle Wachstum unter dem Einfluss des „Lockdown light“ stabil unterbrochen ist und sich in der dritten Woche in Folge bei ca. 3.500 Neuinfektionen pro Tag ein Plateau gebildet hat. Immerhin, aber die Trendumkehr, die für eine dauerhafte Eindämmung der Pandemie auf ein für das Gesundheitssystem beherrschbares Maß notwendig ist, vermögen die bisher getroffenen Maßnahmen augenscheinlich nicht auszulösen. Ein ganz ähnliches Bild ergibt sich für Gesamtdeutschland. Heute weist das Robert Koch-Institut (RKI) als Tageswert 22.268 COVID-19-Neuinfektionen aus, nach 22.609, 21.866, 19.990, 16.744, 11.287 und 6.638 Neuinfektionen an den Vergleichstagen der Vorwochen. Letztlich ist es diese Stagnation auf zu hohem Niveau, die die Politik diese Woche bewogen hat, weitere Maßnahmen zu treffen. Dazu mehr im zweiten Teil des Newsletters.

Im innerdeutschen Ranking steht Bayern weiterhin nicht mehr ganz an der Spitze, muss aber nach Platz 4 letzte Woche heute wieder aufs „Stockerl“. Denn mit einer leicht verschlechterten 7-Tage-Inzidenz von 173,0 (Vorwoche 167,1) belegt der Freistaat nun Platz 3, hinter Berlin (201,6) und Sachsen (190,3). Am anderen Ende der Skala finden sich auch diese Woche die Küstenstaaten Schleswig-Holstein (47,9) und Mecklenburg-Vorpommern (44,2).

In den letzten Wochen haben wir den Blick immer wieder bang über die Grenzen zu unseren Nachbarn gerichtet, und auch jetzt sind die meisten der uns umgebenden Staaten noch weit von einer Entwarnung entfernt. Dies gilt zunächst für Österreich. Dort ist die Lage weiterhin dramatisch, aber immerhin darf sich die Alpenrepublik berechtigte Hoffnungen auf ein langsames Absinken des Trends machen. So hat die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, kurz die „AGES“ und damit das Pendant des RKI gestern 5.802 Neuinfektionen verzeichnen müssen, nach 7.091 und 7.514 jeweils eine Woche zuvor. Die 7-Tage-Inzidenz für Gesamtösterreich ist mittlerweile auf den immer noch sehr hohen Wert von 414 gesunken, der Höchststand lag am 12.11. bei 566. Ungünstig zeigen sich weiterhin die Sterbefallzahlen mit gestern +94 nach 109 und 65 Corona-Toten an den Vergleichstagen der Vorwochen. Der aktuelle österreichische Totallockdown ist zunächst bis zum 6.12. befristet.

In Tschechien setzt sich die bereits letzte Woche erkennbare Besserung der Situation fort. Nach Höchstständen von ca. 15.700 Neuinfektionen vor etwa drei Wochen sind die täglichen Neuinfektionen über Zwischenwerte von ca. 9.000 vor zwei Wochen und 5.500 letzten Mittwoch auf nunmehr 4.931 abgesunken. Und auch bei den Sterbefallzahlen geht es deutlich aufwärts im Sinne von abwärts. Diese haben sich nach 108, 123 und 182 an den letzten Vergleichs-Donnerstagen auf heute 47 abgesenkt. 

Wie Sie wissen, ist für mich bei der Beurteilung der Lage die Zahl der Neuinfektionen nur die halbe Miete. Zwar bildet dieser Parameter das Kernelement, aber auch andere Kenngrößen liefern wichtige Hinweise, etwa die Positivrate. Sie setzt die Zahl der laborpositiven Tests ins Verhältnis zu deren Gesamtzahl und gibt unabhängig von der absoluten Zahl der erkannten Neuinfektionen einen Hinweis darauf, wie sich die Lage strukturell entwickelt. Die Positivrate lag in Bayern in den zurückliegenden Tagen bei Werten zwischen 7,4 und 8,0 Prozent (Vorwoche: 6,8 bis 7,3 Prozent), was bei einer in etwa gleichbleibenden Zahl der täglichen Testungen leider auf eine nach wie vor bestehende innere Stabilität der zweiten Welle hindeutet.

Weitere bedeutende Gradmesser sind für die Einschätzung der Corona-Situation seit jeher die Kenngrößen „Sterbefallzahl“ und „Hospitalisierungssituation“. An oder mit einer Corona-Infektion sind in Bayern mittlerweile 3.658 Personen verstorben. Das sind im Vergleich zur Vorwoche 344 Sterbefälle mehr, nach +264, +198 bzw. +65 in den drei vorvergangenen Wochen. Verglichen mit Österreich (knapp 8,9 Mio. Einwohner) und Tschechien (knapp 10,7 Mio. Einwohner) sind das bezogen auf die Bevölkerungszahl mit einem Tagesschnitt von ca. 50 Sterbefällen immer noch sehr moderate Größenordnungen. Aber hinter jeder einzelnen Zahl steckt ein menschliches Schicksal und womöglich damit eine besondere Tragik. Bundesweit waren gestern 410 Corona-Sterbefälle zu beklagen und das ist eine Dimension, die wir während der ersten Welle zu keinem Zeitpunkt verzeichnen mussten.

Aktuell sind in Bayern 56.840 Personen an COVID-19 erkrankt (Vorwochen 52.970, 45.780, 34.420, 23.100 bzw. 13.190) und damit 3.870 mehr als letzten Donnerstag. Gerade diese Zahl stärkt die letzte Woche geäußerte Hoffnung auf Besserung, denn in den beiden Vorwochen betrug dieser Mehr-Wert noch 7.190 bzw. 11.360. Die insoweit abgeflachte Kurve des Anstiegs entlastet weiterhin noch nicht die Kliniken, ganz im Gegenteil, dort schwillt die Welle noch gehörig an. Stand heute befinden sich von den 56.840 erkrankten Personen 3.730 in einer Klinik (in den Vorwochen 2.626, 2.243, 1.751, 1.072, 614, 328, 243, 213, 215, 166, 215 bzw. 106). Von diesen wiederum befinden sich 3.047 auf einer Normalstation und 683 (Vorwochen: 530, 491, 367, 151 bzw. 100) auf „Intensiv“. Auch bei diesen Parametern beobachten wir somit immer noch eine signifikante Zunahme, mithin „sind wir noch nicht über den Berg“. Gerade die Sterbefallzahlen machen betroffen. Sie zu nennen hat nichts mit Panikmache zu tun, wie uns aus der Corona-Fakten-Verdreher-Szene immer wieder vorgeworfen wird, es sind vielmehr Tatsachen, denen man ins Auge schauen muss.

Lassen Sie uns nun noch kurz das Augenmerk auf die lokalen Entwicklungen richten. In ganz Bayern bleibt der Infektionsdruck sehr hoch, aber es deutet sich auch beim Blick in die Regionen zumindest die eingangs erwähnte Plateaubildung an. Dies zeigen jedenfalls die absoluten Werte der 7-Tages-Inzidenzen.

Den höchsten Einzelwert verzeichnet aktuell die Stadt Passau mit 428,0. Hinter der Drei-Flüsse-Stadt mit Bischofssitz und Universität liegt der letzte Woche auf Platz 1 stehende Landkreis Freyung-Grafenau mit jetzt 306,3 (345,8) Neuinfektionen binnen sieben Tagen bezogen auf 100.000 Einwohner. Auf Platz 3 findet sich nunmehr die schwäbische Kreisstadt Günzburg mit 297, gefolgt vom Landkreis Passau mit 291,7 und dem oberfränkischen Landkreis Kronach mit 287,7.

Bildet man Cluster, dann liegt von den 96 Landkreisen und kreisfreien Städten heute wieder eine(r) jenseits einer Marke von 400. Über einem Wert von 300 sind es nunmehr zwei (3) Gebietskörperschaften, über 200 liegen 29 Gebietskörperschaften nach 22 am letzten Donnerstag und über 100 finden sich wieder 86 Kommunen (86). Den niedrigsten Wert verbucht neuerlich die Stadt Bayreuth, jetzt aber mit 73,6 nach 52,5 in der Vorwoche, sodass auch dort die zunächst anzupeilende Zielmarke von 50 wieder stärker außer Sichtweite gerät.

Liebe Leserinnen und Leser, auch diese Woche steht die Corona-Politik ganz im Zeichen der Bund-Länder-Abstimmung. Gestern sind wichtige Entscheidungen zur mittelfristigen Strategie gefallen, deren wesentliche Kernelemente ich Ihnen vorstellen möchte. Hierbei konzentriere ich mich in erster Linie auf Aspekte von allgemeinem Interesse.

Die Ausgangslage: Der zunächst bis zum 30.11. befristete „Lockdown light“ ist seit dem 2.11. in Kraft. Vorvergangenen Mittwoch hatten die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) ihre Entscheidung noch um eine Woche zurückgestellt, ob es weiterer Nachjustierungen bedürfe, um das erklärte Ziel zu erreichen, das Weihnachtsfest einigermaßen unbeschwert zumindest im Kreise der Kernfamilien feiern zu können. Gestern war es dann so weit. Nach insgesamt drei Wochen der Appelle, der Einschränkung persönlicher Kontakte und Begegnungen, der Schließung gastronomischer Betriebe und von Freizeiteinrichtungen, teils hitziger öffentlicher und parlamentarischer Debatten und der wissenschaftlichen Evaluierungen konnte kein Zweifel mehr bestehen, dass der „Lockdown light“ zwar ausreichend wirksam ist, das exponentielle Wachstum der Neuinfektionen auf einem Tagesniveau von ca. 4.000 bis 4.500 Fällen in Bayern und 15.000 bis 22.000 in Gesamtdeutschland einzubremsen. Gleichermaßen stand aber auch außer Frage, dass die bisher getroffenen Maßnahmen nicht genügen, um bis Ende November eine massive Trendumkehr zu bewirken, die uns möglichst bald dem erklärten Ziel einer flächendeckenden 7-Tage-Inzidenz von 50 entscheidend näherbringt. Denn nach Untersuchungen des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung haben die bisherigen Beschränkungen die Zahl der physischen Kontakte nicht wie für eine signifikante Trendumkehr erforderlich um 75, sondern lediglich um etwa 40 Prozent reduziert, was zu der oben im Statistikteil beschriebenen Seitwärtsbewegung auf zu hohem Niveau – Stichwort Plateaubildung – geführt hat. Bliebe es dabei, würde dies mittelfristig die Kliniken überlasten, weil zu viele Menschen zu schwer erkranken, zumal als Faustregel gilt, dass etwa 1 bis 2 Prozent der Infizierten auf der Intensivstation landen und dort 2 bis 3 Wochen verbleiben, ehe sie diese in Richtung Normalstation und Reha-Klinik verlassen können oder sie – und diese tragische Möglichkeit schwingt leider immer mit – ihren irdischen Lebensweg vollenden müssen und vor das Angesicht ihres Schöpfers treten.

Das Verfahren: Im Unterschied zu den bisherigen Abstimmungen in Sachen Corona hat dieses Mal nicht das Bundeskanzleramt die Aufgabe des Entwurfsverfassers übernommen, sondern das Land Berlin, das aktuell in der MPK den Vorsitz innehat. Frei nach dem altehrwürdigen Beamtenmotto „wer schreibt, der bleibt“ war es für die Länder sicherlich kein taktischer Nachteil, dass dieses Mal sie und nicht das Kanzleramt die redaktionelle Federführung über das Beschlusspapier hatten, weil sie so von vorne herein mit schriftlich fixierten und von allen 16 Ländern mitgetragenen eigenen Positionen in die Verhandlungen mit dem Bund gehen konnten und diese nicht erst unter hohem Zeitdruck auf der Basis eines fremden Formulierungsvorschlages mühevoll finden mussten. Es ist ein bisschen wie beim Tennis. Natürlich gelten für alle dieselben Regeln, aber wer den Aufschlag hat, der setzt den ersten Impuls und drängt den Spieler auf der anderen Seite des Netzes erst einmal in eine reaktive Rolle.

Nach diesem kleinen Einblick in den Maschinenraum des Berliner Politikbetriebs möchte ich für Sie die wichtigsten Elemente des gestrigen Beschlusses skizzieren, die nach dem Beschluss des Bayerischen Ministerrates von heute, einer Regierungserklärung des Ministerpräsidenten morgen im Landtag und anschließender Debatte das Gesundheitsministerium per Rechtsverordnung in bayerisches Recht umsetzen wird.

Die systematischen Kernpunkte: Die bisherige Systematik des Vorgehens gegen Corona wird um Elemente einer inhaltlich-materiellen Flexibilisierung sowie einer längerfristigen Steuerung ergänzt, deren Anwendung sich nach der dann jeweils aktuellen Entwicklung der Lage richtet. Ziel ist es, zu einem Mehr an Kontinuität bei der Bekämpfung der Pandemie zu kommen, ohne darüber in ein starres Handlungskorsett zu geraten. Aus dieser Zielstellung ergibt sich zum einen eine zeitliche Staffelung.

Ich will hier zwar nicht das jahreszeitlich naheliegende Bild eines Adventkalenders bemühen, aber wie bei diesem öffnen sich auch in Sachen Corona-Bekämpfung in den nächsten Wochen mehrere datumsbezogene Zeit-Fenster. Das erste geht am 1.12. auf und wird sich geplant nach dem 20.12. wieder schließen. Hier gelten zum einen die aktuellen Beschränkungen des „Lockdown light“ fort und werden zudem um weitere Maßnahmen zur mittelfristigen Absicherung der Reduzierung des Infektionsgeschehens ergänzt. Speziell mit Blick auf die Wochen bis zum Weihnachtsfest gilt die Devise „jetzt möglichst kräftig auf die Kontakte-Bremse treten, dann sind vom Fest bis zum Jahreswechsel mehr Kontakte möglich“. Oder weniger profan ausgedrückt: Die älteren Katholiken unter Ihnen werden es vielleicht noch kennen, dass früher die Adventszeit als Fastenzeit galt, die mit einem vergleichsweise üppigen Weihnachtsmahl beendet wurde. Analog gilt jetzt „Kontaktfasten“ vor Weihnachten, um an den Feiertagen ein paar nahestehende Menschen mehr treffen zu können. Ich hoffe sehr, dass diese Art des „Gewinnes durch Verzicht“ eine einmalige Angelegenheit bleibt.

Ein weiteres Zeitfenster öffnet sich am 23.12. und wird sich nach Neujahr wieder schließen. Innerhalb dessen geht es speziell um die Thematik einer einigermaßen familienfreundlichen Gestaltung der Kontaktbeschränkungen in der für viele schönsten, weil heimeligsten Zeit des Jahres. Wie es danach weitergeht und welche Fenster sich noch öffnen werden, weiß jetzt noch niemand zu sagen. Bund und Länder geben sich aber nicht der Illusion hin, dass Corona über Weihnachten oder den Jahreswechsel verschwinden werde. Deshalb gehen die Bundeskanzlerin und die MPK davon aus, dass wegen des hohen Infektionsgeschehens umfassende Beschränkungen auch über den Jahreswechsel hinaus erforderlich sein werden. Bund und Länder werden deshalb erstmals vor Weihnachten eine weitere Überprüfung vornehmen, im Zuge derer die konkrete Umsetzung der Maßnahmen in Verordnungen sowie die aktuelle Entwicklung bewerten und diesen Prozess über die Wintermonate fortsetzen.

Aus der allgemeinen Zielstellung folgt aber auch ein inhaltlich-materiell abgestuftes Vorgehen entsprechend der Lage in den einzelnen Ländern. Diesen Anspruch mit Leben zu erfüllen mag gelegentlich der Suche nach der Quadratur des Kreises ähneln. Einerseits soll ein bundesweit möglichst einheitliches Vorgehen der Länder erreicht werden, weil die Pandemie ohnehin früher oder später alle voll erwischt, siehe aktuell die sich längere Zeit immun wähnenden Länder Sachsen und Thüringen. Und es soll auch rein optisch kein Regelungsflickenteppich entstehen, der sofort zur undifferenzierten Kritik einlädt und die Gefahr birgt, dass die Menschen, ohne deren konsequentes Mittun es keinen Erfolg geben kann, sich verständnislos abwenden. Andererseits muss man dort, wo Länder mit einem über mindestens sieben Tage stabil niedrigen Infektionsgeschehen „U50“ bei der 7-Tage-Inzidenz und einer sinkenden Tendenz der Inzidenz gesegnet sind, die Möglichkeit haben, ihre Maßnahmen schneller zu lockern, sofern weitere Voraussetzungen wie etwa Kapazitäten auf den Intensivstationen passen. Und umgekehrt kann in Hotspot-Regionen mit einem besonders hohen Infektionsgeschehen das Regelprogramm schlicht zu schwach sein und es deshalb regionaler Verschärfungen bedürfen, um die Lage in den Griff zu bekommen. Beide Abweichungsoptionen sieht der Beschluss vor. Die hergebrachte „rote Linie“, die spezielle Maßnahmen und Meldepflichten auslöst, verläuft wie bisher bei einer 7-Tage-Inzidenz von 50. Eine weitere „dunkelrote Linie“ ist nun bundesweit bei einem Wert von 200 gezogen. Mit diesem verbindet sich quasi eine „Very-Hot-Spot-Strategie“, wie sie bei uns in den zurückliegenden Wochen z.B. im Landkreis Berchtesgadener Land erfolgreich zur Anwendung gekommen ist und Elemente eines umfassenden Shutdown enthält. Was im Einzelfall konkret zu tun ist, liegt im Ermessen der zuständigen Behörden der Länder.

Auch an dieser Stelle hat der Ministerrat heute für Bayern eine Konkretisierung vorgenommen und verbindet mit einem neu definierten Schwellenwert von 300 nochmals verschärfte Maßnahmen. Eine Kann-Option ist hierbei die Anordnung gezielter Reihentestungen, Soll-Optionen sind u.a. ein verschärftes Herunterfahren des öffentlichen Lebens bis hin zu Ausgangsbeschränkungen, die Einschränkung nicht notwendiger Dienstleistungen oder die angemessene Beschränkung von Zusammenkünften in Gottesdiensten und Versammlungen nach dem Bayerischen Versammlungsgesetz. Anzuordnen sind konkrete Maßnahmen durch die Kreisverwaltungsbehörden, die dies im Einvernehmen mit den Bezirksregierungen tun.

Die inhaltlichen Kernpunkte: Zunächst werden die schon bisher geltenden Maßnahmen bis zum 20.12. verlängert. Dies betrifft insbesondere die Schließung gastronomischer Betriebe, der Hotellerie und der Einrichtungen des Freizeitbereiches, aber auch das Feiern auf öffentlichen Plätzen und temporäre Alkoholabgabe- und konsumverbote. Groß- und Einzelhandel bleiben geöffnet, müssen aber durch ein verlässliches Zugangsmanagement sicherstellen, dass sich in Geschäften in einer Verkaufsfläche bis 800 qm nicht mehr als ein Kunde pro 10 qm aufhält, darüber nicht mehr als ein Kunde pro 20 qm.

Über den MPK-Beschluss hinausgehend hat der Ministerrat heute beschlossen, dass touristische Tagesausflüge oder Freizeitvergnügungen im Ausland, etwa zum Skifahren, vermeidbare Risikoquellen sind. Die bisherige Möglichkeit, sich im Rahmen des Grenzverkehrs für bis zu 24 Stunden quarantänefrei ins Ausland zu begeben, wird auf triftige Gründe beschränkt, insbesondere Arbeit, Schule, Arztbesuche, familiäre Angelegenheiten, Geschäfte des täglichen Bedarfs, nicht aber touristische und sportliche Zwecke.

Zumindest in dem o.g. ersten Zeitfenster bis Weihnachten kommen weitere Maßnahmen zur mittelfristigen Absicherung der Reduzierung des Infektionsgeschehens dazu. Es sind dies:

  • Weitere Kontaktbeschränkungen: Private Zusammenkünfte mit Freunden, Verwandten und Bekannten sind auf den eigenen und einen weiteren Haushalt, jedoch in jedem Falle auf maximal 5 Personen zu beschränken. Kinder bis 14 Jahre sind hiervon ausgenommen.
  • Maskenpflicht I: Jede Person hat in geschlossenen Räumen, die öffentlich oder im Rahmen eines Besuchs- oder Kundenverkehrs zugänglich sind, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Dies gilt auch für den ÖPNV. Darüber hinaus gilt die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung an allen Orten mit Publikumsverkehr in Innenstädten, so auch an Örtlichkeiten in der Öffentlichkeit unter freiem Himmel, an denen sich Menschen entweder auf engem Raum oder nicht nur vorübergehend aufhalten. Die Festlegung der Orte und der zeitlichen Beschränkung erfolgt durch die örtlich zuständigen Behörden.
  • Maskenpflicht II: In Arbeits- und Betriebsstätten ist ein Mund-Nasen-Schutz zu tragen; dies gilt nicht am Platz, sofern ein Abstand von 1,5 Meter zu weiteren Personen sicher eingehalten werden kann. Im Innenministerium gilt diese Regelung übrigens schon seit Wochen und wir haben uns längst alle daran gewöhnt, im Haus nur mit Maske unterwegs zu sein.

Zwischen Weihnachten und Neujahr kann und darf es dann ein bisschen lockerer zugehen und es können die Personenobergrenzen für Zusammenkünfte innen und außen im Zeitraum vom 23.12.2020 bis 01.01.2021 wie folgt erweitert werden: Treffen im engsten Familien- oder Freundeskreis sind möglich bis maximal 10 Personen insgesamt. Dazugehörige Kinder bis 14 Jahre sind hiervon ausgenommen.

Bund und Länder werden das Gespräch mit den Religionsgemeinschaften suchen, um möglichst Vereinbarungen für Gottesdienste und andere religiöse Zusammenkünfte mit dem Ziel einer Kontaktreduzierung zu treffen. Religiöse Zusammenkünfte mit Großveranstaltungscharakter gilt es dabei zu vermeiden. Zum Jahreswechsel empfehlen Bund und Länder, auf Silvesterfeuerwerk zu verzichten. Auf belebten Plätzen und Straßen wird die Verwendung von Pyrotechnik untersagt, um größere Gruppenbildungen zu vermeiden. Die örtlich zuständigen Behörden bestimmen die betroffenen Plätze und Straßen. Öffentlich veranstaltete Feuerwerke sind untersagt. Wenn aber – um dem Klischee die Ehre zu geben – Vater und Sohn es an Silvester mit ein paar Böllern und Raketen auf der Terrasse des trauten Heimes krachen lassen wollen, dann steht dem jedenfalls infektionsschutzrechtlich nichts entgegen.

Natürlich werden diese Maßnahmen gerade den besonders betroffenen Branchen und Unternehmen wirtschaftlich erheblich zusetzen. Deshalb wird es weitere Hilfen geben. So wird für die von temporären Schließungen erfassten Unternehmen, Betriebe, Selbständige, Vereine und Einrichtungen die „Novemberhilfe“ des Bundes für Dezember verlängert. Hierbei geht es um enorm viel Geld – allein die Hilfen des Bundes für den November werden einen Umfang von 15 Milliarden Euro haben. Zudem werden die sonstigen Hilfsmaßnahmen für Unternehmen bis Mitte 2021 verlängert (Überbrückungshilfe III). Das betrifft z. B. den Bereich der Kultur- und Veranstaltungswirtschaft, Soloselbständige sowie die Reisebranche.

Auch wenn noch nicht im Detail klar ist, wie diese Programme administriert werden, so möchte ich doch die Gelegenheit nutzen, mich von Herzen bei all denen zu bedanken, die die bisherigen Unterstützungsprogramme teils mit enormen persönlichen Belastungen und Überstunden administriert haben. Nennen möchte ich vor allem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Regierungen, aber auch die Landratsämter tragen einen nicht geringen Teil der Last. Sie alle verwalten nicht nur Gelder und administrieren Vorgänge, sie sichern und retten Existenzen und deshalb gebührt Ihnen allen unser Dank!

Liebe Leserinnen und Leser, ich hätte Ihnen zu Beginn der Adventszeit gerne erfreulichere Botschaften überbracht, als dass weitere Beschränkungen vor der Tür stehen. Damit es besser wird, kann ich nur einmal mehr an uns alle appellieren, den entscheidenden Beitrag zu erbringen: Die Kontakte so weit wie möglich reduzieren und die AHA+AL Regeln (Abstand, Hygienemaßnahmen, Alltagsmasken, CoronaWarnApp, Lüften) beachten. Gerade Masken zu tragen ist eine extrem wirksame und dabei einfache Maßnahme, deshalb wird, wie gesehen, die Maskenpflicht erneut erweitert.

Bei Maskenpflicht niemals „oben ohne“! 

Mit besten Grüßen Ihr Joachim Herrmann, MdL Staatsminister