Bald starten wieder in der Ferienzeit Zeltlager, Ausflüge und Fahrten der Jugend- und Kinderfeuerwehren. Manchmal sind Kinder und Jugendliche auf bestimmte Medikamente dauerhaft angewiesen oder es gibt den akuten Bedarf einer Medikamentengabe. Ein sensibles Thema, denn einerseits soll trotz Medikamentenbedarf einem unbeschwerten Dienst in der Jugend- und Kinderfeuerwehr nichts entgegenstehen, anderseits müssen die Betreuerinnen und Betreuer der Kinder überlegt und rechtssicher handeln. Mit diesem Artikel möchten die Hanseatische Feuerwehrunfallkasse Nord die Feuerwehren daher aufklären und Handlungsmöglichkeiten aufzeigen.
In Deutschland ist die Medikamentengabe durch Dritte, wie beispielsweise durch Erzieherinnen und Erzieher im Kindergarten, rechtlich geregelt. Die gesetzlichen Bestimmungen zielen darauf ab, die Sicherheit und das Wohl der Kinder zu gewährleisten. Dadurch, dass Feuerwehren Kinder- und Jugendabteilungen haben, können auch die Betreuerinnen und Betreuer in die Situation kommen, Medikamente geben zu müssen. Vor allem bei (Zelt-)Lagern und Fahrten, bei denen die Kinder länger von ihren Eltern oder Erziehungsberechtigten getrennt sind, muss die Frage nach der Berechtigung zur Medikamentengabe durch das Betreuungspersonal der Kinder- bzw. Jugendfeuerwehr geklärt sein. Rechtlich übergeben die Eltern bzw. Erziehungsberechtigten einen Teil der Personensorge auf die betreuenden Personen der Feuerwehr. Aus Sorge, etwas falsch zu machen und strafrechtlich belangt werden zu können, bestehen bei den Betreuern und Betreuerinnen der Kinder- und Jugendfeuerwehren häufig große Unsicherheiten.
Die gute Nachricht zuerst: Betreuerinnen und Betreuer dürfen Medikamente verabreichen. Sonst wäre es für Kinder- oder Jugendfeuerwehren gar nicht möglich, mit chronisch kranken Kindern auf mehrtägige Fahrten zu gehen. Natürlich liegt die Verantwortung für die Medikamentengabe zunächst bei den Eltern im Rahmen der Personensorge für das Kind. Die Eltern können diese Aufgabe aber an die Betreuenden der Kinder- oder Jugendfeuerwehr übertragen. Das sollte nicht ohne ärztlichen Rat geschehen. Wir empfehlen diesbezüglich dringend eine schriftliche Vereinbarung mit den Eltern. Neben der Absprache mit Eltern müssen Regelungen zur genauen Verabreichung, Dosierung und zur Lagerung des Medikaments getroffen und möglichst schriftlich festgehalten werden. Je genauer beschrieben, desto transparenter und nachvollziehbarer ist es für alle beteiligten Personen im Falle eines Falles, was zu tun ist.
Genaue Absprachen mit Erziehungsberechtigten wichtig
Im Eifer des Gefechts vergessen die Kinder schon mal, ihre Medikamente regelmäßig zu nehmen oder übersehen selbst Symptome. Neben der Kenntnis über Einnahmezeiten sollten die betreuenden Personen daher auch über das Krankheitsbild und seine Symptome Bescheid wissen. Hat ein Kind Asthma, kann man dies möglicherweise durch laute Atemgeräusche, tiefes oder kurzatmiges Atmen oder durch das Japsen nach Luft mitbekommen und einen Inhalator überreichen. Aber nicht alle Krankheiten zeigen sich so deutlich. Daher sollten alle betreuenden Personen über typische Symptome und Anzeichen für einen Notfall Bescheid wissen.
Hier sind die wesentlichen Punkte der Regelungen:
Einwilligung der Eltern: Vor der Aufnahme in die Kinder- oder Jugendfeuerwehr und vor Lagern und Fahrten muss mit den Eltern über mögliche Vorerkrankungen und die Medikamentengabe gesprochen werden. Grundsätzlich ist eine schriftliche Einwilligung der Eltern notwendig. Diese muss genaue Anweisungen zur Medikamentengabe enthalten. Vor allem muss genau bestimmt, vereinbart oder bezeichnet sein:
- Medikamentenbezeichnung, Dosierung, Verabreichungsform und Uhrzeit der Medikamentengabe
- Lagerung des Medikaments (z.B. im Kühlschrank, wenn erforderlich)
- Verhalten im Notfall (möglicherweise mit Telefonnummern von Erziehungsberechtigten, Ärzten u.ä.)
Medikamentengabe und ärztliche Verordnung: Oft wird auch eine ärztliche Verordnung benötigt, die bestätigt, dass die Medikamentengabe notwendig ist und wie sie durchzuführen ist. Werden Medikamente verabreicht, die nachweislich ärztlich verordnet sind, sollte die bei der Kinder- und Jugendfeuerwehr vorzulegende ärztliche Verordnung folgende Punkte enthalten:
- genaue Bezeichnung des Medikaments
- genaue Dosierung
- Uhrzeit und Form der Verabreichung
- erforderliche Lagerung des Medikaments
- mögliche Nebenwirkungen
- Maßnahmen, die im Notfall zu ergreifen sind
- Name und Telefonnummer des behandelnden Arztes oder der behandelnden Ärztin (für Rückfragen).
Zu beachten ist, dass bestimmte Maßnahmen der medizinischen Versorgung, die mit körperlichen Eingriffen einhergehen, in der Regel nur von medizinisch-fachlich geschulten Personen durchgeführt werden dürfen. Im Zweifelsfall muss frühzeitig Rücksprache mit dem behandelnden Arzt bzw. der behandelnden Ärztin sowie mit anderen Auskunftsberechtigten gehalten werden, ob eine Maßnahme durchgeführt werden darf.
Dokumentation: Die Gabe von Medikamenten muss sorgfältig dokumentiert werden. Dazu gehört die genaue Zeit, die Menge des Medikaments und die Person, die das Medikament verabreicht hat.
Schulung des Personals: Betreuerinnen und Betreuer sollten entsprechend geschult sein, um Medikamente sicher und korrekt zu verabreichen. Dies umfasst das Erkennen von Nebenwirkungen und das Wissen, wie im Notfall zu reagieren ist.
Notfallmedikamente: Bei bestimmten chronischen Krankheiten, wie zum Beispiel Diabetes oder Asthma, kann es sein, dass Betreuende Notfallmedikamente verabreichen. Hierfür gelten ebenfalls Regeln bezüglich der Einwilligung, Verordnung und Dokumentation.
Diese Regelungen sollen sicherstellen, dass die Medikamentengabe in der Kinder- und Jugendfeuerwehr sicher erfolgt und sowohl die Kinder als auch die Betreuenden geschützt sind. Eltern und Betreuungspersonal sollten immer eng zusammenarbeiten, um die bestmögliche Betreuung der Kinder zu gewährleisten.
Richtig Handeln bei Zeckenstichen
Auch wenn es bei Zecken nicht direkt um Medikamentengabe geht, so ist die Thematik jedoch sehr eng verwandt. Die Frage ist, dürfen Betreuende Zecken bei Kindern entfernen? Auch hier handelt es sich um einen Eingriff in den Körper. Jedoch verhält es sich auch hier wie bei den Medikamenten. Liegt eine Einverständniserklärung der Eltern oder Erziehungsberechtigten vor, dürfen Betreuende tätig werden. Liegt diese nicht vor, müssen die Eltern oder Erziehungsberechtigten sofort informiert werden. Diese müssen dann entscheiden, was gemacht werden soll.
Was, wenn doch etwas passiert?
Sollte ein Kind tatsächlich durch einen Fehler bei der Medikamentengabe zu Schaden kommen, kommt die gesetzliche Unfallversicherung für die Gesundheitsschäden auf. In der Regel muss man sich keine Sorge um Schadenersatzzahlungen machen, es sei denn, es liegt Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vor.
Erleiden Kinder während des Feuerwehrdienstes durch die Gabe von Medikamenten durch Betreuende einen Unfall, gelten die Regelungen zur Haftungsbeschränkung nach den §§ 104ff. Sozialgesetzbuch (SGB) VII. Danach ist eine zivilrechtliche Haftung der betreuenden Person auf Ersatz für den entstandenen Personenschaden grundsätzlich ausgeschlossen, auch dann, wenn die Medikamente fehlerhaft verabreicht wurden.
(Quelle Newsletter der HFUK Nord)
Achtung! Die Haftungsbeschränkung nach den §§ 104ff. Sozialgesetzbuch (SGB) VII gilt nur für gesetzlich Unfallversicherte während der versicherten Tätigkeit. Bei den Kinderfeuerwehren in Bayern kann sie daher nur dann gelten, wenn die Kinderfeuerwehr Bestandteil der jeweiligen gemeindlichen Freiwilligen Feuerwehr ist.
Bei konkreten Fragen helfen bei den Jugendfeuerwehren KBM Eva Freudenberg und bei den Kinderfeuerwehren KBM Volker Hock gerne weiter.
Kreisjugendfeuerwehrzeltlager 2024 des Lkr. Aschaffenburg in Weibersbrunn